Selber Schuld!
 

Ist der dicke Mensch am Übergewicht selber Schuld?

Mit freundlicher Genehmigung PD Dr. med R. Steffen, Bern & PD Dr. F. Horber, Winterthur

Dicke können weder etwas dafür, dass sie dick sind, noch können sie leider viel dagegen unternehmen! Vielmehr sind die krankhaft übergewichtigen Menschen als Behinderte zu betrachten, namentlich dann, wenn Übergewichtsformen von BMI 40 und darüber auftreten oder anders ausgedrückt Übergewichtsformen von 100% und mehr. Diese Menschen leiden an den genetisch bedingten Defekten der Steuerung ihres Körpererscheinungsbildes. Vieles darüber ist unbekannt, einiges ist gut erforscht und belegt.

Das Ausmass des Übergewichtes hängt nur zum Teil von der Art der Ernährung ab. Man kann sagen, dass die sozio- kulturellen Einflüsse etwa zu 25% ursächlich beteiligt sind. Die Hauptlast an der Entstehung der krankhaften Adipositas trägt mit ca. 75% die defekte Erbsubstanz, die innerhalb der betroffenen Familien von Generation zu Generation weitervererbt wird.

Der Beweis für das Vorliegen einer Erbkankheit hat die medizinische Forschung Mitte der 80- iger Jahre erbracht. Damals wurden in den Vereinigten Staaten fast 4000 Familien untersucht wobei ein Elternteil krankhaft übergewichtig war und in der Familie sowohl adoptierte als auch eigene Kinder aufwuchsen.

Man hat gefunden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein eigenes Kind ebenfalls krankhaft übergewichtig ist bei 80% liegt. Demgegenüber war die Wahrscheinlichkeit des Übergewichtes eines adoptierten Kindes, das in der genau gleichen Familie unter denselben Bedingungen aufwuchs, nur bei 30 - 40%. Daraufhin folgten Zwillingsforschungen, wobei man eine signifikante Diskrepanz zwischen eineiigen und zweieiigen Zwillingen fand. Der kanadische Molekularbiologe Bouchard hat 1991 einen so genannten Auffütterungsversuch durchgeführt, dabei hat er während 100 Tagen 12 eineiige Zwillingspaare mit 12 Einzelpersonen verglichen. Die zu Untersuchunden liessen sich quasi einsperren und nahmen in diesen 100 Tagen einen Überschuss von 84000 Kalorien zu sich. Die Zwillingsbrüder verhielten sich alle sehr ähnlich, das heisst, beide nahmen immer zusammen entweder stark oder schwach zu. In der Kontrollgruppe fand sich eine Streuung zwischen 4 und 14 kg Gewichtszunahme. Eine andere Studie wiederum an Adoptivkindern in Dänemark fand, dass die dünnsten Adoptiveltern die dicksten Kinder hatten. Das Gewicht dieser Adoptivkinder entwickelte sich ziemlich parallel zu dem ihrer leiblichen Eltern, obwohl diese ihnen oft nicht einmal bekannt waren. Das heisst, dass das Essverhalten innerhalb einer Familie erstaunlicherweise für die Figur eine geringe Rolle spielt als das gemeinsame Erbgut.

Eine interessante Beobachtung hat man schon kurz nach dem zweiten Weltkrieg gemacht: da wurden mit verborgenen Kameras Kinder im Schwimmbad gefilmt und man hat gesehen, dass übergewichtige Kinder genau gleich häufig ins Wasser gehen wie ihre schlanken Spielkameraden aber dort viel häufiger untätig am Beckenrand bleiben. In Tierversuchen hat man ähnliches Verhalten nachweisen können.

Dies deckt sich mit den Erkenntnissen oder Vermutungen über das Vorhandensein eines so genannten "inactivity gen" einem Inaktivitätsgen, welches gekoppelt ist mit den übrigen krankhaften Genen, so das diese mangelnde Bereitschaft, sich zu bewegen im Zusammenhang mit der vermehrten Kalorienzufuhr zum Übergewicht führt.
Die molekularbiologische Forschung konzentriert sich nun auf die Suche nach den Gendefekten und hat zum Teil schon fassbare Resultate gebracht.
Ich möchte hier insbesondere das Leptin anführen: Leptin ist ein Hormon, welches von den Fettzellen produziert wird. Dieses Hormon ist verantwortlich für das langfristige Sättigungsgefühl und bestimmt, wie viele Kalorien der Mensch zu sich nimmt.

Bei den krankhaft übergewichtigen Menschen ist nun dieser Regelkreis häufig gestört, sei es, dass das Hormon zu wenig produziert wird oder sei es, dass seine Konzentration im Blut nicht gemessen werden kann. Die Folge ist, dass das Sättigungsgefühl bei den dicken Menschen nicht wie bei den schlanken durch das Leptin kontrolliert wird, sondern quasi entkoppelt die Nahrungsaufnahme erhöht. Natürlich ist die Industrie schon eifrig am Forschen und daran, das Leptin nachzubauen. Allerdings ist hier auch Skepsis am Platz, denn es handelt sich, wie oben erwähnt, mehr um eine genetische Störung und der komplexe Vorgang für die Entwicklung einer Fettsucht kann nicht nur auf einen einzigen Mechanismus beruhen.

Es ist auch ganz unterschiedlich genetisch festgelegt, wer wo wie viel Fett ablagert. Sicher kennen Sie die grundsätzlichen Unterschiede zwischen der "Apfelform" und der "Birnenform" des Erscheinungsbildes eines übergewichtigen Menschen. Die Birnenform ist mehr bei den Frauen vorhanden. Es sind vorwiegend Fettablagerungen unter der Haut. Die Apfelform oder die so genannte Stammfettsucht betrifft eher Männer, das Fett liegt hier eher im Bauch drin. Die PatientInnen mit der Birnenform der Fettsucht tragen ein weit geringeres Gesundheitsrisiko als die PatientInnen mit der Stammfettsucht.

Sie können zwei gleich schwere Menschen mit gleichen Bauchumfängen durch eine Computertomographie untersuchen lassen und können vollständig unterschiedliche Bilder erhalten: der eine hat vielleicht 3 - 4 cm Unterhautfett, der Rest ist im Bauch drin. Der andere hat 10 - 15 oder mehr cm Unterhautfett und im Bauch drin so wenig wie ein Normalgewichtiger. Ersterer ist ganz besonders gefährdet, ein metaboles Syndrom (siehe später) zu entwickeln und dadurch trägt dieser Patient das höchste Risiko, an den Folgen der Fettsucht frühzeitig zu sterben.

Es wird auch vermutet, dass die Menschen mit einem so genannten Adipostaten im Gehirn ausgestattet sind. Die Amerikaner nennen es " Lipostat", übersetzt bedeutet dies, ein Zentrum, das die Menge des Fettgewebes reguliert.

Jeder Mensch braucht Fettgewebe, dies ist entwicklungsgeschichtlich zu sehen, als uns nur sporadisch Nahrung zur Verfügung stand. In diesen Zeiten wurden Reserven angefuttert, die für Notzeiten halten mussten. Dieses Fettgewebe ist mit speziellen Mechanismen gegen einen vorzeitigen Verbauch geschützt.

Die Menge und die Verteilung dieser Reserven wird wie gesagt, vom Adipostaten im Gehirn reguliert. Wenn dieser nun defekt ist und auch nur um wenige 100 Kalorien pro Tag zu hoch eingestellt ist, passiert das gleiche wie bei einem Thermostaten in einem Haus, wenn die Temperatur auf 25 statt auf 21° eingestellt wird, nämlich die Wohnung wird zu warm und analog wird der Mensch zu dick.
Ein anderer Defekt den wir kennen, betrifft die Wahrnehmung des Magenfüllungszustandes. Anders als im Volksmund verankert, sieht der Magen eines krankhaft übergewichtigen Menschen nicht anders aus als der eines Normalgewichtigen.

Der Unterschied liegt aber darin, dass der Dicke etwa 3 - 4 mal mehr essen muss als der Schlanke, um im Gehirn die gleiche Sättigungsmeldung zu erhalten. Das Fassungsvermögen eines Magens kann mehrere Liter betragen und wenn dann die Rückmeldung zum Gehirn in Form eines Sättigungsgefühls zu spät erfolgt, isst der betroffene Mensch solange, bis dieses Gefühl eintritt.
Sogesehen schützt der Körper seine Fettreserven im Sinne eines Selbsterhaltungstriebes. Wenn diese Steuerungsmechanismen defekt sind, kommt es zum Erscheinungsbild des krankhaften Übergewichtes. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass bei den übergewichtigen Menschen gewisse Enzyme, die bei den Schlanken in Hungerzeiten zur raschen Auflösung der Fettreserven Anlass geben, weniger aktiv oder weniger vorhanden sind. Das heisst, ihre Fettdepots sind besser geschützt.
Natürlich gibt es auch nicht- genetische Faktoren in der Entwicklung des Übergewichtes. Jeder Mensch, der sich ausschliesslich von "Fastfood" ernährt, läuft Gefahr, erheblich übergewichtig zu werden. Studien haben gezeigt, dass das Gewicht in den niedrigen sozioökonomischen Gruppen, speziell bei den Frauen, prozentual häufiger ist. So werden zum Beispiel Einwanderer aus Drittweltländern (mit Nahrungsmangel) in den Industrienationen ebenfalls fett.

Obwohl die genetische Komponente klar ist, sollte doch jeder Übergewichtige einmal in seinem Leben während mindestens 2 Jahren unter spezialärztlicher Führung - mit Ernährungsberatung, ohne Operation - versucht haben abzunehmen.

Er muss wissen, welche Speisen besonders viel Fett enthalten und diese entsprechend meiden.
Auch die Tatsache, dass wir uns seit dem 2. Weltkreig von Generation zu Generation immer weniger bewegen und immer mehr zu (Motor)-Rad als zu Fuss unterwegs sind, trägt natürlich das ihre zur positiven Kalorienbilanz bei. Betroffen ist in erster Linie die 24-h-Fettverbrennung , die antiparallell zur Motorisierung abnimmt.

by http://www.magenbypass-magenband.ch/adipositas/selberschuld/index.php
 
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