Familienpolitik Alleinerzieher
 
Zu diesem Beitrag ist zu sagen - das es mir genau so ergeht...


Porträt einer Alleinerzieherin
Ein Kampf um Kind und Karriere

Sarah F. wurde von ihrem Partner sitzengelassen, als sie schwanger war. Die junge Mutter glaubt trotzdem daran, Karriere machen zu können - und stößt immer wieder auf hohe Hürden

Wien - Stefan kraxelt jetzt öfter zur Mama ins Bett. Der Bub ist schon fünf und hat sein eigenes Zimmer, doch in letzter Zeit fühlt er sich einsam. Früh am Morgen liefert ihn seine Mutter im Kindergarten ab. Wenn sie Stefan am Nachmittag um halb sechs wieder abholt, sind die anderen Kinder schon weg.

"Ein schlechtes Gewissen" plagt Sarah F.*, weil sie ihren Sohn immer so lange warten lässt. Aber sie kann sich's nicht aussuchen: Die 34-Jährige ist eine von 250.000 Frauen, die ihre Kinder allein, ohne Hilfe eines Partners, aufziehen. Stefans Vater ist irgendwo in Lateinamerika abgetaucht, Sarah war im dritten Monat schwanger, als er sich aus dem Staub machte. Sie beschloss, trotzdem nicht in Selbstmitleid zu versinken. Wer viel kann, schaffe es auch ganz allein, sagte sich Sarah: "Ich dachte, Kind und Karriere sind miteinander vereinbar - und wurde eines Besseren belehrt."

Kampf ums Geld vom Vater
Sieben Monate war Stefan alt, als die Mutter begann, Übersetzen und Dolmetschen zu studieren. Über Wasser hielten sie ein Stipendium und der eine oder andere Nebenjob. Einen bescheidenen Zuschuss erkämpfte Sarah in zwei mühsamen Jahren vor Gericht. Erst gaben ihr die Behörden noch den Tipp, die Alimente in Übersee einzuklagen. Nun springt der Staat zumindest mit 213 Euro monatlich ein.

Bei Fixkosten von 1500 Euro ist das kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Sicher, Sarah wohnt nicht schlecht, die 70-m2-Genossenschaftswohnung und das Auto, das eine Mutter im zersiedelten Süden Wiens braucht, haben ihren Preis. Dazu kommt der Kindergarten, der anfangs 157 Euro kostete, nun 350 Euro verschlingt; Paare mit Doppelverdienst zahlen das Gleiche. Als sie nach dem in Mindestzeit absolvierten Studium als Teilzeitkraft 940 Euro netto bekam, "ging sich das hinten und vorn nicht aus" . Tücke des Sozialsystems: Sarah verdiente zwar so wenig, um keine Steuern zu zahlen, konnte dafür aber das Geld für den Kindergarten nicht absetzen.

6000 Euro schossen ihr die Eltern als Überlebenshilfe zu. Und auch heute, wo sie sich finanziell erfangen hat, würde Sarah am Alltag scheitern, wenn Mutter und Schwestern ihr nicht oft Stefan abnehmen würden. Seit kurzem arbeitet sie Fulltime für einen Pharmakonzern, "ein Traumjob" , in dem sie erfolgreich sein will. Für das ordentliche Gehalt von 1800 Euro netto verlangt der Chef, dass seine Angestellte auch einmal Überstunden macht - doch wohin mit dem Sohn? Die Kindergärten sperren früh zu, Babysitter, die auf die Schnelle einspringen, "kriegt man oft nicht" . Und wenn doch, reißen sie ein großes Loch ins Budget: Wem im Monat 300 Euro für Einkaufen und Alltagsausgaben übrigbleiben, der kann nicht ohne Weiteres noch einmal 200 Euro für ein Kindermädchen berappen.

Null Zeit für sich selbst
Ob zum Arzt oder Friseur: Überallhin müsse sie Stefan mitnehmen, erzählt Sarah: "Er langweilt sich dabei. Und es kostet Zeit, die wir gemeinsam besser nützen könnten." Sie wisse oft nicht einmal, wann sie zum Wohnungsputzen komme, von Vergnügungen à la Kino oder Party ganz zu schweigen: "Es soll sich nicht deprimierend anhören, aber Zeit für mich selbst habe ich null. Der Mensch Sarah existiert momentan nicht."

Wenn Politiker schon davon sprechen, dass mehr Nachwuchs nötig sei, dann sollten sie Tagesmütter und andere Kinderbetreuung fördern und "erschwinglich" machen, fordert die junge Mutter: "Ich will mich nicht zwischen Karriere und Kind entscheiden müssen." Dass Alleinerziehende, wie nun diskutiert wird, länger Kindergeld beziehen sollten, sei ohnehin keine Frage.

Auch künftigen Müttern gibt sie einen Rat auf den Weg: "Jede Frau, die Kinder möchte, soll sich überlegen, ob sie's auch allein schafft. Sie muss damit rechnen, eines Tages ohne Vater dazusitzen." (Gerald John/DER STANDARD-Printausgabe, 7. Juli 2009)
 
  Heute waren schon 5 Besucher (6 Hits) hier!  
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden